Donnerstag, 20. Oktober 2016

Geheimnisvolle Orte unter Hamburg – Hamburg unterirdisch entdecken Teil 2

Bunker in Hamm. © Frank Rasch
Vor ein paar Wochen hatten wir unseren ersten Beitrag „Hamburg unterirdisch entdecken“ veröffentlicht. An dieser Stelle folgt nun der zweiten Teil mit weiteren geheimnisvollen unterirdischen Orten, die wir Euch etwas näher vorstellen wollen.

Fast jeder der in Hamburg mit der U- oder S-Bahn unterwegs war und dabei an den Haltestellen Harburg-Rathaus, Niendorf Nord, Schippelsweg, Joachim-Mähl-Straße, Niendorf Markt, Jungfernstieg, Mümmelmannsberg, Reeperbahn, Stadthausbrücke oder Steinfurter Allee stand, befand sich bereits in der Nähe eines geheimnisvollen Ortes. An den genannten Haltestellen befinden sich „MZAn“.

Was es mit einer „MZA“ auf sich hat werden wir im unteren Abschnitt dieses Beitrags erläutern. Ebenfalls sehr geheimnisvoll sind die vielen Bunker die es in Hamburg gibt. Nach dem Kriegsende 1945 zählte die Hansestadt 1.051 Schutzräume. Vermutlich entstanden während des Zweiten Weltkrieges in keiner anderen Stadt mehr Bunker als in Hamburg. Viele dieser sogenannten Schutzräume gibt es heute noch.

Während des Zweiten Weltkrieges wurden aber nicht nur verschiedene Bunker gebaut, sondern es wurde beispielsweise auch das berühmte Bismarck-Denkmal zum Schutzraum umfunktioniert. Aber es gibt noch viele andere Geheimnisse die sich unter unserer schönen Stadt befinden. Überzeugt Euch am besten selbst... (fr)

Einer der Zugänge zur MZA Niendorf Nord. © FOtto
U- und S-Bahnstationen als MZA
Die U- und S-Bahn-Haltestellen Harburg-Rathaus, Niendorf Nord, Schippelsweg, Joachim-Mähl-Straße, Niendorf Markt, Jungfernstieg, Mümmelmannsberg, Reeperbahn, Stadthausbrücke und Steinfurter Allee sind mehr als nur Bahnstationen. Diese Haltestellen sind sogenannte „Mehrzweckschutzanlagen“ (MZA). Bei der Planung der Stationen, die vor dem Ende des Kalten Krieges (1991) stattfand, plante man vorsichthalber gleich eine Strahlenschutzanlage mit ein.

Im Kriegsfall wären die Anlagen in kurzer Zeit zu Schutzräumen für bis zu 5.000 Menschen umfunktioniert worden. Die Abstellanlage hinter der Haltestelle wäre dann mit Zügen voll gestellt worden. Die Züge sollten dann als Schlaf- und Sitzflächen für die Zivilbevölkerung genutzt werden. Zusätzlich wurde die Haltestelle mit Sitz- und Liegeflächen ausgestattet. Die unterirdische Einrichtung verfügt über Toiletten, einer Notküche mit Essensausgabe und über ABC-Filter zum Schutz vor atomarer Strahlung. Durch das Ende des Kalten Krieges unterliegen die MZA`s derzeit nicht mehr der Zivilschutzbindung.

Vom Tiefbunker zur Tiefgarage
MZA`s wurden aber nicht nur in den vergangenen Jahrzehnten gebaut. Bereits im Zweiten Weltkrieg hat man einige Schutzräume gebaut, die auch in Friedenszeiten eine Aufgabe haben, wie zum Beispiel die Tiefgarage unterhalb des Spielbudenplatzes auf St. Pauli. Bei dem ehemaligen Tiefbunker handelt es sich um den größten damals gebauten unterirdischen Schutzraum Hamburgs. Der Bunker wurde von 1940 bis 1942 gebaut und rettete während der Bombenangriffe auf die Hansestadt vielen Menschen das Leben.

Während der Bombenangriffe auf Hamburg hielten sich teilweise 20.000 Menschen in dem für 5.000 Menschen konzipierten Bunker auf. Aufgrund der vielen Angriffe auf Hamburg blieben einige der Menschen nachts dauerhaft in dem Bunker. Familien richteten ihre Abteile häuslich ein und gingen morgens von dort aus zu ihren Arbeitsplätzen. Nach dem Kriegsende 1945 fanden einige bauliche Veränderungen statt, weshalb man heute kaum noch sieht, dass die Tiefgarage einst als Zivilschutzanlage gebaut wurde.

MZA in der Drosselstraße 15
Ronald Rossig, Erster Vorsitzender des Vereins unter hamburg e.V., in seinem Buch „Hamburgs Bunker – Dunkle Welten der Hansestadt“ schreibt, gab es in der Nähe des Bahnhofs Barmbek, in der Drosselstraße 15, ein 1971 errichtetes Parkhaus, dass ebenfalls über eine Zivilschutzanlage für 2.000 Schutzsuchende verfügte. Die Räumlichkeiten befanden sich im untersten Stockwerk des Parkhauses und wären „im Katastrophenfall zum Aufenthaltsraum für Schutzsuchende umgebaut worden. Montagevorrichtungen in der Decke und auf dem Boden der Parkfläche boten die Möglichkeit, Wände zu stellen und fast 1.300 Sitz- und 700 Liegeplätze zu installieren. Daran angrenzend befanden sich Räumlichkeiten der Mehrzweckanlage wie etwa technische Versorgungseinrichtungen, die Notküche, ein Rettungsraum, der Raum des Bunkerwarts und die sanitären Anlagen. Der luftdichte Verschluss der unteren Etage wird durch ein massives Stahlbetontor von gut einem Meter Stärke sichergestellt, das im Bedarfsfall vor die Auffahrt zum oberen Geschoss geschoben und verriegelt wird.“

Die Besonderheit der MZA Drosselstraße war, dass das Parkhaus zwischen zwei unterirdischen Röhrenbunkern aus dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurde, die wegen des zivilschutzrechtlichen Beseitigungsverbotes damals nicht abgebrochen werden durften. Eines der beiden Bauwerke, ein Fünf-Röhren-Bunker, wurde als ein Teil der modernen Zivilschutzanlage umgebaut. 2009 wurde die MZA aus der Zivilschutzbindung entlassen und ab 2013 wurde das Parkhaus zum Wohnhaus umgebaut. Teile der ehemaligen MZA werden nun als Tiefgarage genutzt.

Bismarck-Denkmal. © Frank Rasch
Bunker unter dem Bismarck-Denkmal
In der Zeit von 1901 bis 1906 wurde auf Initiative des Bankiers Max von Schinckel das berühmte Bismarck-Denkmal im Alten Elbpark geplant und ausgeführt. Die 15 Meter hohe Statue wurde auf einem großen Podest das auf einem hohlen Backsteingewölbe liegt erbaut. Während des Zweiten Weltkriegs wurde von der Regierung der Befehl erlassen den zivilen Luftschutz zu verbessern und beispielsweise Keller zu Luftschutzräumen umzubauen.

Auch am Bismarck-Denkmal ging dieser Befehl nicht spurlos vorbei: Der Hohlraum unter der Statue wurde mit Beton verstärkt und das Denkmal zum Bunker ausgebaut mit samt elektrischer Beleuchtung, Toiletten und fließend Wasser. Der Zutritt ins Denkmal ist nur selten möglich. Öffentlich zugänglich ist der Bunker, außer am Tag des offenen Denkmals 2016, leider nicht – noch nicht.

Röhren-Bunker in Eppendorf. © Frank Rasch
Unterirdische Röhren-Bunker
Kaum ein Bunker-Typ wurde im Zweiten Weltkrieg häufiger in Hamburg gebaut als der unterirdische Röhren-Bunker. Die Bauweise dieser Bauwerke ähnelt sich sehr. In etwa fünf Meter Tiefe wurden ein oder mehrere miteinander verbundene Betonröhren gebaut die je Röhre 50 Menschen Schutz bieten sollten. Zahlreiche dieser meist nicht sichtbaren unterirdischen Bunker sind bis heute erhalten geblieben und zumindest zwei von ihnen sind für die Öffentlichkeit zugänglich: Da gibt es beispielsweise das Bunkermuseum in Hamm im Wichernsweg 16. Bei diesem Bunker handelt es sich um einen Vier-Röhren-Bunker der 1941 erbaut wurde. Ein weiteres Bauwerk dieser Art, ein Zwei-Röhren-Bunker befindet sich in Eppendorf bei der Tarpenbekstraße 66 und wurde 1940 fertiggestellt. Alle Informationen zu den Rundgängen gibt im Stadtteilarchiv Eppendorf.

Ein dritter Teil dieser Serie folgt bald...

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